Im Nachfolgenden sind wichtige Urteile bzw. gerichtliche Beschlüsse (im Familienrecht heißen Urteile seit dem Jahr 2008 Beschlüsse) zum Thema Elternunterhalt aufgeführt. Hierbei ist zu beachten, daß der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung auch gern einmal ändert bzw. in dem einen oder anderen Punkt präzisiert. Es gilt also immer das aktuellste Urteil zum jeweiligen Thema. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs stehen über den Entscheidungen der Oberlandesgerichte und Amtsgerichte. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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Amtsgericht Offenburg Beschluss vom 10.6.2018 Az. 4 F 142/17
Das Landratsamt/ Sozialamt verlangte Unterhalt für die im Pflegeheim befindliche Mutter (Kosten der Hilfe zur Pflege) von der erwachsenen 55 jährigen Tochter. Die Mutter hatte ihre Tochter bereits im Säuglingsalter ins Kinderheim gegeben, es bestand nahezu kein Kontakt während der Minderjährigkeit der Tochter. Das Amtsgericht hat entschieden, daß die Tochter in seinem solchen Fall nicht für ihre Mutter zahlen muß. Allerdings hat das Landratsamt vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe Beschwerde eingelegt. Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts steht noch aus.
Obwohl sich diese Webseite mit dem Elternunterhalt, also dem Unterhalt erwachsener Kinder gegenüber ihren pflegebedürftigen bzw. erwerbsunfähigen Eltern beschäftigt, spielt bei der Berechnung des Elternunterhaltes auch der Kindesunterhalt eine Rolle, wenn die unterhaltspflichtigen erwachsenen Kinder eigene unterhaltsbedürftige Kinder (minderjährig, in Ausbildung oder erwerbsunfähig) haben (Sandwichgeneration: der Unterhalt wird zunächst gegenüber den Kindern und wenn was übrig bleibt, auch gegenüber den Eltern geschuldet). In diesem Beschluss beschäftigt sich der Bundesgerichtshof damit, inwieweit minderjährige Kinder des Unterhaltspflichtigen beim Elternunterhalt als Abzugsposten gelten, wenn die Unterhaltspflichtige, in diesem Fall die Kindesmutter vom Kindesvater getrennt lebt, von diesem aber zum Teil Kindesunterhalt erhält. Auch in solch einer Konstellation ist der Unterhaltsbedarf des Kindes nach den zusammengerechneten Einkommen beider Kindeseltern aus der Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln. Darauf ist aber nur die Hälfte des Kindergeldes und der tatsächlich gezahlte Kindesunterhalt des anderen (Kindes-)Elternteils anzurechnen, wobei dieser nicht mehr zahlen muss, als sich allein nach seinem Einkommen ergäbe.
Das Einkommen eines erwachsenen Unterhaltspflichtigen kann überobligatorisch und damit auch nicht zum Elternunterhalt heranzuziehen sein, wenn der/die Unterhaltspflichtige aufgrund einer Betreuung von minderjährigen Kindern, z.B. unter drei Jahren, unterhaltsrechtlich noch nicht zur Erwerbstätigkeit verpflichtet wäre, aber trotzdem arbeitet, also überobligatorisch. Allerdings wäre dann wohl noch der Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB als Einkommen zu prüfen.
Bislang war es offen, ob Tilgungsleistungen im Rahmen von Kreditraten für das selbstbewohnte Eigenheim den Abzug für die zusätzliche Altersvorsorge ( 5 % vom Bruttoeinkommen bzw. bei nicht sozialversicherungspflichtigen Unterhaltspflichtigen 25 %) schmälern konnten. Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß die über den Zinsanteil hinausgehenden Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abgezogen werden können, ohne dass dies seine Befugnis zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgeschonvermögens schmälert. Der den Wohnvorteil dann noch übersteigende Tilgungsanteil ist jedoch als zusätzliche Altersvorsorge zu werten. Der Bundesgerichtshof hält nunmehr sogar den Tilgungsanteil, der den Wohnvorteil und die zulässige zusätzliche Altersvorsorge übersteigt, nicht mehr für vom Einkommen absetzbar. Gleichzeitig läßt der Bundesgerichtshof aber ausdrücklich die Frage offen, ob dies auch für die vor dem Bekanntwerden der Unterhaltspflicht abgeschlossenen Immobilienfinanzierungsverträge bzw. abgeschlossene Altersvorsorgeverträge gilt, aus denen sich der Unterhaltsverpflichtete nicht lösen bzw. diese nicht beitragsfrei stellen kann und verweist insoweit auf sein Urteil vom 19.3.2003 Az. XII XR 123/00, indem das zumindest für die Darlehensraten des Immobilienkredites bejaht wurde .
Erfreulicherweise wurde in diesem Beschluss auch die Abzugsfähigkeit der Beiträge für die Risikolebensversicherung bejaht, was allerdings bei den meisten Sozialämtern schon bislang gängige Praxis war. Die Risikolebensversicherung wurde berücksichtigt mit der Begründung,daß sie weder Altersvorsorge noch Vermögensbildung darstelle, aber die Hausfinanzierung bzw. das Risiko des Arbeitsausfalls absichere.
Ebenfalls hielt es der Bundesgerichtshof für angemessen, daß das erstinstanzliche Gericht Fahrtkosten für eine längere, aber schnellere Strecke zum Arbeitsplatz im Rahmen der Kilometerpauschale für berufsbedingte Aufwendungen zugunsten des Elternunterhaltspflichtigen berücksichtigen wollte, soweit dies schon vor Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vom Unterhaltspflichtigen so praktiziert wurde.
OLG Oldenburg Beschluss vom 4.1.2017 - 4 UF 166/15
Das Sozialamt verlangte Unterhalt von einer erwachsenen Frau für ihren Vater. Der Vater hatte nach der Trennung der Eltern seiner Frau einen Brief per Einschreiben geschickt, in dem er mitteilte, daß er von seiner Familie nichts mehr wissen wolle. Er hat dann sechs Jahre lang keinen Unterhalt gezahlt für seine bedürftige Tochter, obwohl er arbeitsfähig war. Das Gericht wertete dies als gröbliche Verletzung der eigenen Unterhaltspflicht und die emotionale Kälte als grobe Verfehlung des Vaters gegenüber seiner Tochter, was insgesamt zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs des Vaters nach § 1611 BGB führte. Das Oberlandesgericht hat entschieden, daß die Tochter nicht für ihren Vater zahlen müsse.
Diese Entscheidung betrifft den Elternunterhalt nur indirekt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hier entschieden, inwieweit der Ehegatte des Pflegebedürftigen sein Einkommen für dessen Pflegebedarf mit einzusetzen hat. Zunächst hat der BGH festgestellt, daß Eheleute, von denen sich ein Ehegatte im Pflegeheim befindet, noch nicht als getrennt lebend gelten, solange nicht zumindest ein Ehegatte auch für den anderen Ehegatten erkennbar den Trennungswillen gezeigt hat. Trotzdem kam der BGH im Ergebnis dazu, daß auch auf Ehepaare, die sich eigentlich nicht trennen wollen, aber von denen einer im Pflegeheim wohnt, der Selbstbehalt für getrennt lebende Ehegatten nach den jeweiligen unterhaltsrechtlichen Leitlinien anzuwenden ist. Derzeit gilt hier (zumindest in Berlin) ein Selbstbehalt von 1.200 Euro. Für die anderen Bundesgebiete ist dies in den jeweiligen unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte nachzulesen, die meisten Oberlandesgerichte haben aber mittlerweile die Selbstbehalte der Düsseldorfer Tabelle übernommen, die auch derzeit von 1.200 Euro ausgeht.
Für den Fall, daß das unterhaltsrechtlich bereinigte Einkommen des in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten höher als 1.200 Euro ist, hat der BGH deutlich gemacht, daß dann der sogenannte Halbteilungsgrundsatz zwischen den Eheleuten gilt, wobei der im Pflegeheim wohnende Ehegatte dann die Mehrkosten durch den Pflegebedarf als Mehrbedarf geltend machen kann.
Der BGH hat auch klargestellt, daß die durch den Ehegattenunterhalt entstehende Bedarfslücke in diesen Fällen durch den Sozialhilfeträger aufzufüllen ist. Insofern wirkt sich diese Entscheidung auch auf den Elternunterhalt aus. Denn wenn der Ehegatte weniger für seinen im Pflegeheim befindlichen Ehepartner zu zahlen hat, müssen die Kinder des Ehepartners unter Umständen mehr für diesen zahlen.
Wie immer gilt auch hier, die Berechnung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens ist eine Wissenschaft für sich und variiert von Fall zu Fall.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß ein Unterhaltspflichtiger, der mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind zusammen lebt, nicht den Familienselbstbehalt von 3240 Euro geltend machen kann, sondern nur den derzeit geltenden Mindestfreibetrag von 1.800 Euro für einen Nichtverheirateten (zur individuellen Erhöhung des Freibetrages siehe Menüpunkt Unterhaltsberechnung). Allerdings kann zum einen der Unterhalt für das minderjährige Kind, zum anderen auch der Unterhaltsanspruch der Lebensgefährtin nach § 1615 l BGB als Mutter eines nichtehelichen Kindes vorrangig vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgezogen werden, bevor der Unterhalt für den pflegebedürftigen Elternteil berechnet wird. Dies ist sogar möglich über den 3. Geburtstag des Kindes hinaus, wenn dies dem gegenseitigen Einvernehmen der Eltern entspricht und keine rechtsmißbräuchliche Ausgestaltung des familiären Zusammenlebens zu Lasten des Unterhaltsanspruchs des pflegebedürftigen Elternteils ersichtlich ist.
In dieser Entscheidung hat Bundesgerichtshof entschieden, daß der zur Zahlung von Elternunterhalt Verpflichtete, der verheiratet ist und kein eigenes Erwerbseinkommen erzielt, grundsätzlich nicht der Bildung eines eigenen Altersvorsorgevermögen bedarf, wenn er über seinen Ehegatten hinreichend für das Alter abgesichert ist. Die Beweislast trägt der Unterhaltspflichtige. Eine unzureichende Altersversorgung ist gegeben, wenn der Ehegatte selbst nicht über eine - den Maßstäben zum Elternunterhalt entsprechende - Altersversorgung verfügt. In diesem Fall nahm das Sozialamt aus übergegangenem Recht eine Frau auf Elternunterhalt für ihre Mutter in Anspruch, die selbst als Hausfrau über kein eigenes Einkommen, aber über ein Vermögen von ca. 98.000 Euro verfügte. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Sache nicht abschließend entschieden, sondern den Fall an das Oberlandesgericht zurückverwiesen mit der Maßgabe, zu prüfen, ob der Ehemann der Unterhaltsverpflichteten bereits über ein ausreichendes Altersvorsorgevermögen verfügte. Als Rechenformel gab der Bundesgerichtshof mit: 5 % des monatlichen Bruttoeinkommens, hochgerechnet auf die Zeit vom Beginn des Eintritts in das Erwerbsleben bis zum Beginn der Unterhaltsverpflichtung mit einer jährlichen Kapitalverzinsung von 4 %.Sollte das tatsächliche Altersvorsorgevermögen hinter dem nach vorstehender Formel zu berechnenden Betrages zurückbleiben, kann die Ehefrau ihr Vermögen insoweit zurückhalten und damit vor dem Elternunterhalt schützen, als sie es benötigt, um die Versorgungslücke ihres Ehemannes aufzufüllen, über den sie ja für das Alter mit abgesichert ist. Es wurde zudem herausgestellt, daß für die konkrete Berechnung des Altersvorsorgevermögens auf den Beginn der Erwerbstätigkeit abzustellen ist. Zusätzlich zum Altersvorsorgevermögen ist dem Unterhaltspflichtigen ein Notgroschen zu belassen, der im Einzelfall festzulegen ist. Der BGH nimmt in diesem Beschluss noch einmal Bezug auf seinen Beschluss vom 7.8.2013 - Az. XII ZB 269/12, in dem er einem alleinstehenden, kinderlosen Unterhaltspflichtigen einen Notgroschen von 10.000 Euro zugebilligt hat. Der BGH betont aber auch in diesem konkreten Fall, daß bei der Bemessung eines Notgroschens zu berücksichtigen sei, ob jemand einen Wohnvorteil aus mietfreiem Wohnen hat oder nicht.
Im Anschluss an das Urteil vom 12.12.2012 (FamRZ 2013, 363) hat der Bundesgerichtshof es für richtig erachtet, daß die Leistungsfähigkeit eines Ehegatten, der kein eigenes Einkommen und auch kein einsetzbares Vermögen (siehe hierzu Menüpunkt Vermögen) hat, berechnet wird wie folgt: Der Unterhaltspflichtige hat einen Taschengeldanspruch in Höhe von in der Regel 5 % des bereinigten Familieneinkommens. Hiervon darf er 5 % des geltenden Familienmindestselbstbehaltes (abzüglich 10 % Haushaltersparnis) zuzüglich der Hälfte der Differenz zu den 5 % des Familieneinkommens für sich behalten, den Rest muß er für den Elternunterhalt zahlen. Im Einzelnen zur Berechnung bitte unter dem Menüpunkt Ehegatte nachlesen. Neu an dieser Entscheidung ist zum einen, daß bisher immer 5 - 7 % vom Bundesgerichtshof genannt wurden und weder die Richter der unteren Instanzen noch der beratende Rechtsanwalt wußte, ob er nun 5 oder 6 oder 7 % berechnen sollte. In diesem Urteil wurde ausdrücklich klargestellt, daß der Tatrichter von einem Taschengeldanspruch in Höhe von 5 % ausgehen könne, solange keine außergewöhnlichen Umstände (z.B. ein relativ niedriges Einkommen, bei dem die 5 % für die Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse nicht ausreichen würden) vorliegen. Ebenfalls neu ist, und da hat sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich selbst korrigiert, das die 5 % des Selbstbehaltes nicht vom persönlichen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen, also aktuell 1.800 Euro, berechnet werden, sondern vom Familienselbstbehalt, also von 3.240 Euro (abzüglich 10 %).
Der BGH bestätigt in diesem Beschluss die Anwendbarkeit seiner Berechnungsmethode bei verheirateten Unterhaltspflichtigen auch auf die Fälle, in denen der Ehegatte des Unterhaltspflichtigen mehr verdient als der Unterhaltspflichtige selbst und der Unterhaltspflichtige im Vergleich mit alleinstehenden Unterhaltspflichtigen bei gleichem Einkommen mehr Elternunterhalt zahlen muß, weil das Einkommen des Ehegatten indirekt im Rahmen des Familienunterhaltes mit angerechnet wird (siehe zur genauen Berechnungsweise Menüpunkt Ehegatte). Desweiteren bestätigt der BGH, daß bei der Berechnung der anteilige Wohnvorteil durch das Bewohnen einer Eigentumswohnung dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen hinzugerechnet werden muß. Kreditraten für ein neues Auto, welches bereits bei Kenntnis der Unterhaltspflicht gegenüber dem Vater von der Tochter gekauft wurde, durften in diesem Fall nicht vom Einkommen abgezogen werden, weil es für den Neukauf des Autos keinen wirtschaftlichen Grund gab.Die Tochter fuhr vorher ein 5 bis 6 Jahre altes Auto, das nach ihrem Vortrag noch in Ordnung war. Ebenfalls durfte die Tochter die Tierhaltungskosten für ihr eigenes Reitpferd von 400 Euro monatlich nicht von ihrem Einkommen abziehen, weil Tierhaltungskosten, egal in welcher Höhe, vom Selbstbehalt umfaßt sind.
In dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 12.2.2014, Az: XII ZB 607/12, sah das Gericht keine Verwirkung der Unterhaltspflicht in der Enterbung des Kindes. In diesem Fall hatte der später pflegebedürftige und unterhaltsberechtigte Vater seinen Sohn zusammen mit der Kindesmutter die ersten 18. Lebensjahre erzogen, dann erst erfolgte die Trennung der Eltern und nach dem Abitur brach der Kontakt des Sohnes zu seinem Vater ab. Nachdem er zu seinem Sohn 26 Jahre lang keinen Kontakt hatte, aber auch noch nicht pflegebedürftig war, errichtete der Vater ein Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte und dem Sohn nur den " strengsten Pflichtteil" zugestand. Erst ca. 11 Jahre später kam der Vater in ein Pflegeheim, wo er vier Jahre lang lebte bis zu seinem Tod. Der Bundesgerichtshof gab der Freien Hansestadt Bremen Recht in ihrer Forderung Elternunterhalt aus übergegangenem Recht, da die Enterbung lediglich ein Ausdruck der Testierfreiheit des Vaters gewesen sei und der Vater sich immerhin die ersten 18 Jahre um seinen Sohn gekümmert habe, wo ein Kind am meisten Beistand bräuchte. Es läge zwar eine Verfehlung vor, aber keine schwere Verfehlung. Das Gesetz verlange aber eine schwere Verfehlung für die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs.
Der Bundesgerichthof hat in diesem Beschluss festgestellt, dass der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt bleibt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist.
In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof darüber entschieden, inwieweit ein einkommensloser Ehegatte seinen Taschengeldanspruch gegen seinen verdienenden Ehegatten im Rahmen des Elternunterhaltes einzusetzen hat (Einzelheiten zur Berechnung siehe Menüpunkt Ehegatte).
In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß ein unterhaltspflichtiges Kind gegenüber seinem unterhaltsbedürftigen Elternteil seinen für die eigene Altersvorsorge gedachten Vermögensstamm einzusetzen hat, wenn es selbst bereits das Rentenalter erreicht hat. Es wird ausgeführt, daß die Umrechnung des Kapitalvermögens in eine Rente in Anlehnung an § 14 Bewertungsgesetz erfolgt (zu Einzelheiten der Berechnung siehe Menüpunkt Vermögen).
Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 25.10.2012
In diesem Fall war die psychisch erkrankte Mutter schon längere Zeit geschäftsunfähig und wurde durch eine Betreuerin gesetzlich vertreten. Die Mutter befand sich seit 1995 in verschiedenen Einrichtungen. Die Betreuerin hatte versäumt, die Versicherung in der Pflegeversicherung aufrecht zu erhalten mit der Folge, daß die Mutter nun trotz Einstufung in die Pflegestufe I keine Leistungen der Pflegeversicherung (1023 Euro) in Anspruch nehmen konnte. Gleichzeitig hatte das Sozialamt zunächst Sozialhilfe auf Darlehensbasis gewährt wegen einer Lebensversicherung auf Rentenbasis, aus der die Mutter später eine Rente in Höhe von 160 Euro monatlich erhalten sollte. Diese Lebensversicherung der Mutter hatte das Sozialamt bei Fälligkeit gekündigt und zur Rückzahlung des Darlehens an sich selbst verwendet. Das Oberlandesgericht entschied, daß der Mutter das Pflegegeld als fiktives Einkommen zugerechnet werden mußte, ebenso die 160 Euro Rente aus der privaten Lebensversicherung und das damit der Anspruch auf Elternunterhalt sich entsprechend reduzierte.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.10.2012 - XII ZR 17/11
Hier hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß angemessene Aufwendungen, die dem Unterhaltspflichtigen für Besuche eines unterhaltsberechtigten Elternteils im Heim entstehen, grundsätzlich seine Leistungsfähigkeit mindern.
Desweiteren wurde hier entschieden, daß auch bei zusammenlebenden nichtehelichen Partnern bei Gesamteinkünften bis zur Höhe des für Ehegatten geltenden Familienselbstbehaltes keine zusätzliche Haushaltsersparnis zu berücksichtigen zu berücksichtigen sei.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.9.2010 - XII ZR 148/09
In diesem Urteil hatte der Bundesgerichtshof darüber zu entscheiden, ob der Unterhaltsanspruch einer pflegebedürftigen Mutter gegenüber ihrem Sohn gemäß § 1611 BGB verwirkt sei, weil diese aufgrund einer psychischen Erkrankung einmalig die Kleider ihrer Kinder zerschnitten hatte, einen Waschzwang beim Beklagten verursacht hatte und die Kinder mehrfach aus der Wohnung ausgesperrt hatte sowie ab dem 9. bzw. 10. Lebensjahr des Sohnes krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, die Kinder zu betreuen und diese statt dessen vom Vater betreut wurden. Der Bundesgerichtshof hat die Verwirkung abgelehnt, weil die Mutter in der Kindheit des Sohnes versucht hatte, einen Umgangskontakt zu dem Sohn über das Gericht herzustellen und der Sohn den Umgang abgelehnt hatte. Der Sohn mußte also Elternunterhalt zahlen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.7.2010 - XII ZR 140/07
Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung vorgerechnet, wie der individuelle Familienselbstbehalt errechnet wird, wenn der Unterhaltspflichtige einen Ehegatten hat, der weniger verdient als er. Die Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben der Ehegatten in einem gemeinsamen Haushalt hat er mit 10 % beziffert. Desweiteren hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung vorgerechnet, wie der Elternunterhalt sich bei mehreren leistungsfähigen Geschwistern aufteilt. Weiter war über den Bedarf eines unterhaltspflichtigen Elternteils zu entscheiden. Der Bundesgerichtshof entschied, daß zum Bedarf auch der Barbetrag nach § 35 Abs.2 Satz 1 SGB XII zählt und ein Zusatzbarbetrag, der allerdings nur noch Personen gewährt wird, die bereits am 31.12.2004 Anspruch auf diesen Zusatzbarbetrag nach dem mittlerweile außer Kraft getretenen Bundessozialhilfegesetz hatten. Desweiteren stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich klar, daß Beiträge für Hausrat-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen aus dem Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen bestritten werden müssen und nicht zusätzlich vom Einkommen abgezogen werden dürfen. Der Bundesgerichtshof bejahte die Abzugsfähigkeit der Kosten einer zusätzlichen Altersversorgung, soweit der Unterhaltspflichtige die gesetzliche Grenze für die Regelaltersrente noch nicht erreicht habe, selbst wenn er bereits vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war. Die zusätzliche Altersvorsorge darf aber die Grenze von 5 % des Bruttoeinkommens nicht übersteigen.
Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 5.9.2006, Az: L 9 SO 48/06 ER
Das Landessozialgericht hat hier entschieden, daß auch der Ehegatte nach § 117 SGB XII dem Sozialamt des gegebenenfalls unterhaltspflichtigen Kindes Auskunft über sein Einkommen und Vermögen erteilen muß, daß das Sozialamt den Bescheid für die Auskunftsverpflichtung für sofort vollziehbar erklären kann und das das Sozialgericht nicht die Unterhaltsverpflichtung des Schwiegerkindes an sich zu prüfen hat, weil dies dem Familiengericht obliegt.
Diese Entscheidung ist maßgeblich für die Berechnung des dem unterhaltpflichtigen Kind zu belassenden Schonvermögens für seine Altersvorsorge. Der Unterhaltsschuldner ist berechtigt, neben den Beiträgen zur gesetzlichen Rente bis zu 5 % seines Bruttoeinkommens für eine zusätzliche private Altersvorsorge aufzuwenden. Eine monatliche Sparrate ist auf ein Berufsleben von 35 Jahren hochzurechnen bei einer Rendite von 4 %. Von dem 35 jährigen Berufsleben ist auch auszugehen, wenn der Unterhaltspflichtige die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hat, weil eine fortdauernde Vollbeschäftigung bis zum 65. Lebensjahr nicht gesichert sei. Das auf diese Art gewonnene Kapital muß dem Unterhaltspflichtigen auch für die Alterssicherung zur Verfügung stehen und ist damit dem Elternunterhalt entzogen. Ob unter Umständen auch von einem längeren Berufsleben ausgegangen werden kann, wenn jemand bereits mit 20 Jahren begonnen hat zu arbeiten, hat der Bundesgerichtshof nicht ausdrücklich gesagt, es wäre aber konsequent. Gleichzeitig hat der Bundesgerichtshof auch Rücklagen für ein neues Auto unter bestimmten Umständen dem Elternunterhalt entzogen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.5.2004 - XII ZR 304/02
In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß der Unterhaltsanspruch der Mutter gegenüber der Tochter verwirkt ist, weil die Mutter ihre Tochter mit ca. 1, 5 Jahren bei den Großeltern untergebracht hatte, welche später auch das Sorgerecht erhalten haben. Dann ist die Mutter mit ihrem zweiten Ehemann in die USA ausgewandert und hat dort vier weitere Kinder bekommen. Die ganze Zeit hat sich die Mutter, mit Ausnahme von ein paar Monaten, nicht um einen stetigen Kontakt mit ihrer Tochter in Deutschland bemüht, der nach dem Bundesgerichtshof auch rein brieflich oder telefonisch hätte sein können. Daher ist der Bundesgerichtshof im Ergebnis von einer schweren Verfehlung der Mutter ausgegangen, die im Unterlassen elterlicher Pflichten lag, welche darin bestanden hätten, daß die Mutter weiter Kontakt zu ihrer Tochter gehalten hätte, um an ihrem Leben und ihrer Entwicklung Anteil zu nehmen.
In diesem Urteil wird entschieden, daß ein Elternteil mit seinem Einkommen zunächst seinen eigenen Bedarf (in diesem Fall Heimkosten und Barbetrag) decken muß. Reicht sein Einkommen dafür aus, hat das Elternteil gegen seine Kinder keinen Unterhaltsanspruch mehr. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die nicht pflegebedürftige Ehefrau des Elternteils mit diesem sozialhilferechtlich in einer Bedarfsgemeinschaft lebt und wiederum gegen den Elternteil einen Unterhaltsanspruch hat. Es kommt ebenfalls nicht darauf an, ob das Elternteil noch Vertragspartner des Mietvertrages der Ehewohnung und des Energieversorgers ist und dementsprechend die Kosten dort trägt. Das spielt allein für die Frage der gewährten Sozialhilfe eine Rolle, nicht jedoch für den Unterhaltsanspruch des Elternteils gegen seine Kinder.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.10.2003 XII - ZR 122/00
Dieses Urteil befaßt sich mit der Problematik, inwiefern eine auf Zahlung von Elternunterhalt in Anspruch genommene Ehefrau mit Einkünften unter dem Mindestselbstbehalt leistungsfähig ist, wenn sie sich infolge eines erheblich höheren Einkommens ihres Ehemannes nur mit einem geringeren Anteil am Barbedarf der Familie beteiligen muss und ihr angemessener Unterhalt durch den Familienunterhalt gedeckt ist. Desweiteren geht es um die Verpflichtung eines - im Übrigen einkommenslosen - Ehegatten, das ihm zustehende Taschengeld für den Elternunterhalt einzusetzen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.2.2003 XII ZR 67/00
Zum Unterhaltsbedarf eines - noch einen eigenen Haushalt führenden - Elternteils gegenüber seinem unterhaltspflichtigen Kind hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß auch ein über den von Sätzen des Sozialamtes liegender Wohnbedarf anzuerkennen ist, wenn ein Umzug - in diesem Fall aus finanziellen Gründen - nicht zumutbar ist. Mit Rücksicht darauf können die Eltern von ihren Kindern keinen Unterhalt entsprechend ihrem früheren Lebensstandard beanspruchen. Als angemessener Unterhalt müssen aber auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen diejenigen Mittel angesehen werden, durch die das Existenzminimum der Eltern sichergestellt werden kann und die demgemäß als Untergrenze des Bedarfs zu bewerten sind. In diesem Fall wurde ein Wohnbedarf von 762 DM statt 650 DM anerkannt.
Der Bundesgerichtshof hat weiter in diesem Urteil entschieden, daß einem nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigten Unterhaltspflichtigen bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt grundsätzlich zuzubilligen ist, einen Anteil von rund 20 % seines Bruttoeinkommens für seine (primäre) Altersversorgung einzusetzen; dabei steht ihm grundsätzlich frei, in welcher Weise er Vorsorge für sein Alter trifft (siehe generell zur Abzugsfähigkeit von Altersvorsorgebeiträgen auch den Menüpunkt Einkommen).